Libyen 2008/9 Steine, Vulkane, Löcher und mehr….
Reisebericht von Susanne und Walter Zielonkowsky
Eigentlich sollte es ja wieder nach Ägypten gehen. Da aber im Spätsommer Touristen Nähe der sudanesischen Grenze entführt wurden, haben wir uns anders entschieden. Wenn uns der Militärchef in Mut die Weiterreise verweigert hätte, wären wir dort festgesessen. Für alles ist eine Genehmigung vom Militär notwendig. Das war uns zu unsicher. So haben wir uns ein anderes Ziel gesucht, Libyen, und zwar sollte es überwiegend in die Harudsch al Aswed gehen. Ein großes Lavagebiet, das wir schon öfters mal angeschnitten haben. Es muss ja nicht immer nur Sand sein.
Der Anfang unserer Tour war nicht gerade einfach. Über den Brenner lagen auf der Fahrbahn gut 10 cm
Neuschnee. Mit unseren alten Reifen, die wir wegen den Steinen der Harudsch montiert hatten, war es wie ein Eiertanz. Der Schnee hat uns auch bis kurz vor Genua nicht verlassen. Endlich angekommen warteten wir auf die Fähre. Ein Gutschein beim Check-in für ein Abendessen machte uns etwas nervös. Aber was soll’s, die Fähre ist ja selten pünktlich. Das Ergebnis war aber ernüchternd, 9 Std. Verspätung, wir haben erst um 02,°° Uhr abgelegt. Somit haben wir, Afrika noch gar nicht erreicht und schon einen Tag Verspätung. Am Jebel Nafusa, der ersten Nacht in Libyen, erwachten wir im dichten Nebel. Wie kommen wir nur darauf, das hier immer die Sonne scheint. Den ganzen Tag begleiteten uns die Wolken Richtung Süden. In der zweiten Nacht, kurz vor Hun, regnete es immer wieder. In Zella angekommen haben wir noch die letzten Vorräte aufgefüllt. Nun können wir endlich die Teerstraßeverlassen. Anfangs ging es noch eine LKW Piste nach Osten. Dann aber kommt der Punkt, wo wir auch diese verlassen. Teilweise querfeldein und gelegentlich auf Spuren, nähern wir uns der Strecke des Sonderkommandos Dora (aus dem 2. Weltkrieg). Diese Erkundung, unter Rommel, war die Grundlage für das Buch von Nikolaus Benjamin Richter UNVERGESSLICHE SAHARA, Michael Rolke hat in seiner Neuauflage, auch den militärischen Zweck erläutert.
Erstaunlich wie Richter aus dem fahrenden Autos heraus, die Landkarten zeichnete. Einen von seinen
eingezeichneten Vulkankratern haben wir besichtigt. Über Geröllhalden tief schwarzer Steine, laufen wir einige Kilometer zu dessen Abbruchkannte. Momentan sind wir von dieser Landschaft sehr beeindruckt. Die schwarze Landschaft ist von hellen Lehmpfannen unterbrochen.
Wir verlassen die Spuren von Richter, um uns einige Löcher anzusehen. Je näher das erste Loch kommt,
desto gebündelter werden die Fahrspuren. Es könnte sich hier um einen so genannten Pit-Krater handeln. Bei dieser Form ist die Lava mit viel Wasser in Verbindung gekommen. Das hatte die Auswirkung einer Explosion. Dadurch entstanden vermutlich die senkrechten Wände. Der Boden hat sich mittlerweile mit Sand gefüllt, wodurch sich einige Akazien ansiedeln konnten.
Einige Meter weiter – das zweite Loch. Bei unserem ersten Kontakt mit diesem Loch, Mitte der 90er Jahren, fuhren wir sehr nahe ran. Diesmal blieben wir sicherheitshalber auf Distanz. Sieht es doch einen Fußball sehr ähnlich, dem weiße und schwarze Lederflecken fehlen. Ich könnte mir vorstellen, das es eine Blase war, deren Decke eingebrochen ist. Die Stärke der Lava über dem eigentlichen Boden ist gut zu erkennen. Bis hier aber etwas wächst, wird es noch lange dauern. Die ältesten Lavafelder sind vermutlich um die 5 Mio. Jahre alt. Die jüngsten dürften um die 1000 Jahre alt sein. Je älter die Lava ist, desto heller wird sie. Sie erodiert bis zum Lehm, der sich dann in Senken sammelt.
Das dritte Loch ist jetzt etwas weiter weg. Teils querfeldein überwiegend aber auf Spuren geht’s dank GPS gut vorwärts. Im Vergleich zu unseren früheren Reisen, ist die Harudsch diesmal mit vielen Spuren und Pisten durchzogen. Die Ölgesellschaften haben ganze Arbeit geleistet. Geschobene, kilometerlange Linien wurden gezogen, um den Boden seine Geheimnisse zu entlocken.
Wir wissen nicht, ob es für uns von Vorteil ist, auf diesen „Pisten“ zu fahren oder daneben besser voran kommen würden. Führen Sie meistens auch nicht in unsere Richtung. Wir erreichen aber leichter als beim letzten Mal das dritte Loch. Jetzt mit Steinen abgesichert und einer dicken Spur. Diese 20 m tiefe Lavablase hat ein Geheimnis. Wenn man am Rand dieses Loches steht, sieht man von oben auf eine Palmenansammlung. Da wir ja schon mal hier waren, hatte Christian, unser Höhlenmensch, eine
Strickleiter mitgebracht. Wir konnten Ihn nicht mehr halten diese Höhle zu erkunden. Die Leiter haben wir an unseren IVECO befestigt. Eine zusätzliche Sicherung, mit einem Seil, und schon ging’s hinunter.
Das Wasser fließt bei Regen hier zusammen, und somit können diese Palmen überleben. Durch die Tiefe
von ca. 20 Meter, erreichen die Sonnenstrahlen nur wenige Stellen dieser Höhle. Die Verdunstung ist daher sehr gering. Anscheinend ist hier auch noch ein Tier „eingezogen“, man konnte deutliche Spuren sehen. Leider wird es wahrscheinlich allein bleiben. Nach diesem Highlight fahren wir Richtung Osten. Anfangs noch holter di polter, dann auf sehr staubigen LKW Pisten, durch das Ölcamp En Naga, zu dessen alten Flugfeld. Hier liegt eine abgestürzte Antonow. So wie es aussieht, hat sie eine Bauchlandung gemacht. In der Umgebung ist sehr viel Verkehr. Es ist anscheinend Schichtwechsel, und die Arbeiter fahren nach Hause. Sie wohnen in künstlichen Siedlungen, die in einigen Kilometer Entfernung gebaut wurden. Von zwei Libyern in einem Pickup erfuhren wir, das alle Insassen die Bruchlandung überlebt haben. Nur einer hatte einen Armbruch, Glück gehabt. Beim Weiterfahren spürten wir dann die wahrscheinliche Ursache des Absturzes. Wir fuhren die alte Landebahn entlang, die aber so viele Wellen hatte, das wir sie sogar sehr schnell verließen.
Sadik, unser Führer, hielt uns für verrückt, als wir wieder die schwarze Steinwüste ansteuerten.
Durch ein großes, vegetationsreiches Flusstal fuhren wir diesmal westwärts. Die schwarzen Lavabrocken kommen wieder näher. Langsam löst sich das Wadi auf. Diese Strecke sind wir schon vor einigen Jahren mal gefahren, aber wie überall auch hier viele Fahrspuren. Wo wir damals nach Norden abgebogen sind, geht es diesmal nach Süden. Wir wollen zu einem Vulkan, der in einem Bericht von Jens Edelmann erwähnt wird. Die Landschaft wird immer trockener. Die bewachsenen Senken werden seltener. Anfangs noch auf halben Pisten, verlassen uns auch diese langsam. Immer öfters fahren wir über grobes Gestein. Die Landschaft wird immer mondähnlicher. Der Weg soll zwischen zwei Vulkanen durchgehen. Wir warten auf die Hügel. Sind wir falsch? Weit und breit keine Vulkane zu sehen, nicht mal ansatzweise. Wir überprüfen die Navigation, Aber wir sind richtig. Die Vulkane entpuppen sich als Vertiefungen, die mit Lehm gefüllt sind.
Wir treffen wieder auf eine ausgefahrene Spur. Wo kommt die denn her? Super, die geht ja auch noch in unsere Richtung. Entspannt geht es weiter, denn das Suchen einer fahrbaren Bodenbeschaffenheit kostet Zeit und Nerven. Von weiten ist jetzt der Vulkan schon zu sehen. Die Spuren führen uns an einem relativ jungen Lavastrom entlang. Deutlich ist die Fließbewegung zu erkennen. Wir verlassen wieder die Fahrspuren und ziehen auf den Krater zu. An dessen Fuß machen wir Rast, und brechen zu einer Erkundung auf. Von oben haben wir einen fantastischen Ausblick und können am östlichen Horizont unser nächstes Ziel, die Serir Kalancho, wie sie Richter nannte, sehen.
Nach zwei Tagen haben wir die Serirebene erreicht. Anfangs fahren wir in südöstlicher Richtung, um einen
Mergelfeld auszuweichen. Die Landkarten von Dora stimmen fantastisch. Richter hat zusammen mit
Wolfgang Pillewizer ein hervorragendes Kartenmaterial erstellt. Wir erreichen einen Vermessungspunkt
von Richter, die Kiste. Unweit davon finden wir einen Müllhaufen. Erstaunlich, eine verschimmelte
Brotpackung. Als wäre sie erst vor kurzen geöffnet worden. Die Trockenheit konserviert alles.
Erneut geht es wieder in die Harudsch. Sadik hält uns endgültig für verrückt. Wollen wir ein weiteres Lager des Sonderkommandos suchen. Wir fahren nach Süden in das berüchtigte Mergelfeld. Bevor es den Abhang hinunter geht, Unmengen von versteinerten Holz. Unten angekommen finden wir dann Austernbänke und alles ist mit Muscheln überzogen. Langsam kämpfen wir uns durch den Mergel. Gut 20 cm tief ist der Boden kilometerweit bedeckt. In jede Ritze dringt der feine Staub, bloß hier keinen Plattfuß! Das war auch das Problem von Richters Männern, mit den VW Kübelwagen und den Opel 3Tonner war dieser Boden nicht zu befahren. Sie kämpften sich mit den letzten Reserven über die Steinfelder der Harudsch bis nach Wau el Kebir zu den Italienern.
Als wir das Ende eines Tales, das in Richtung Westen führte, erreicht haben, gab es kein Weiterkommen
mehr. Mit Gewalt müssen wir unsere Autos nicht zerstören. Nach einigen Suchen, fanden wir auf dem
Rückweg einen Aufstieg aus dem Tal. Wir schlagen wieder die Richtung zu Richters Weg ein. Gar nicht
lange und wir finden die ersten Spuren der Kübelwagen wieder. Langsam bekommen wir ein Zeitproblem
und die Steine gehen uns jetzt ordentlich auf die Nerven. So beschließen wir abzubrechen, wir brauchen ja
das nächstemal auch noch ein Ziel. Auf dem Rückweg, der uns zum Dreiecksberg führt, entdecken wir dann
noch einen steinernen Richtungspfeil. Er dürfte von den Besatzungen der Kübelwagen ausgelegt worden
sein, um den LKW`s die Orientierung zu erleichtern.
Uns führte der weitere Weg südlich um die Harudsch, vorbei an Wau el Kebir nach Timessa.
Hier sind wir dann wieder auf Teerstraßen. Unsere ältesten Reifen haben wiedererwartend gut gehalten. Einer verabschiedete sich dann erst auf der Teerstraße. Mit kleineren Blessuren sind wir dann wieder in München angekommen.
Bis zum nächsten Mal Susanne und Walter Zielonkowsky