Auf in den Kaukasus, Teil 2: Armenien und Georgien
Von Dirk Pierson
Eine Reise von Andrea, Sabine, Lothar und Dirk (25.3. – 7.8.2024), 2. Teil
Da es keinen offenen Grenzübergang nach Armenien gibt, müssen wir einen Umweg über Georgien fahren. Die Grenzübertritte sind zwar mit gewissem Aufwand verbunden (Geld tauschen, Kfz-Versicherung etc.), aber ohne Probleme zu erledigen. Im Laufe des Nachmittags sind wir dann endlich in Armenien.
Übernachtungsziel ist der Arpi-See, und bald nach der Grenze führt uns das Overlander-Navi unbarmherzig in einen grottenschlechten, schlammigen Feldweg. Nun ja, dafür haben wir ja diese Autos. Es geht mühsam vorwärts, und schon im ersten Dorf wartet eine Grenz-Patrouille auf uns. Die Soldaten sind freundlich, nehmen Verbindung mit ihrem Kommando auf … und lassen uns nach 20 Minuten mit schönen Urlaubswünschen weiter ziehen!Die Ufer des Sees sind noch überschwemmt, die Piste verschlammt. Wir bleiben etwas oberhalb stehen mit herrlichem Ausblick. Unsere erste Nacht im Kaukasus!
Am nächsten Tag besuchen wir unser erstes armenisches Kloster (Marmashen). Da wir sehr früh schon dort sind, tragen uns zwei einheimische Frauen wunderschöne Gebets-Gesänge vor.
Die erste größere Stadt ist Gymri. Wir schlendern über die Märkte. Es gibt neue Dinge zu entdecken! Der Kaffee wird fast immer nur lose, im gewünschten Mahlgrad verkauft. Dumm ist natürlich, wenn man die Schrift nicht lesen kann, kein russisch spricht und auch nicht weiß, welchen Mahlgrad eine French-Press braucht.
Von einem traumhaften Übernachtungsplatz fahren wir über kleine Straßen weiter zur Festung Amberd und zu einem Schmelzwassersee in 3200 Metern Höhe. Der befürchtete Leistungsverlust bei unserem kleinen Schuhkarton bleibt zum Glück aus. Bei der danach besuchten Anlage von Svartnoz kann man direkt bis an die beeindruckenden Ruinen fahren. Mal etwas für Lauffaule!
In der Hauptstadt Eriwan haben wir einen Abzweig verpasst und genießen dann die Innenstadt gemütlich im stop-and-go-Berufsverkehr. Irgendwann erreichen wir dann noch den anvisierten Campingplatz „3G“, eine echte Oase, sogar mit Pool. In unmittelbarer Nähe liegen dann ein alter Tempel, die „Symphony of Stones“ und das Kloster Geghard. Am schönsten finden wir die Basaltsäulen der Symphony of Stones. Hier bleiben wir zwei Nächte als Service-Stop für Mensch und Maschine.
Nächstes touristisches Ziel ist der Areni Höhlenkomplex mit den ältesten bekannten Weinkellern der Welt und teils 6000 Jahre alten Fundstücken. Der armenische Wein ist auch tatsächlich sehr lecker!
Einen besonderen Übernachtungsplatz finden wir am Ende einer Piste unterhalb eines Wasserflut-Brechers. Hier werden wir dann auch von einer Gruppe Armeniern zu Essen und Trinken in einer Art Gartenlaube eingeladen. Es wird ein lustiger Abend!
Das Stonehenge von Armenien heißt Zorats Kar. Es ist nicht weniger rätselhaft als die englische Variante!
Nach der Fahrt mit der Tatev Cable Car zum Kloster Tatev übernachten wir direkt an der Abbruchkante zur Worotan-Schlucht. Mir wird heute noch mulmig, wenn ich daran denke. Da der Weg zur Straße recht schlammig war, waren wir natürlich wieder ganz allein. Selbst ohne die vielen Klöster reihen sich in Armenien die Sehenswürdigkeiten aneinander wie auf einer Perlenschnur. Zu einer tollen Hängebrücke führt uns mein Navi über eine schöne Piste zum „Hintereingang“. Wir sparen den Eintritt und gewinnen noch eine schöne Wanderung vorbei an einer Höhlenstadt.
Unser Übernachtungsplatz mit gigantischem Ausblick liegt dann am Selim-Pass bei einer Karawanserei. Hier verkauft ein älteres Ehepaar lokale Dinge als Ausgleich für den Erhalt des Gebäudes.
Am Sevan-See steuern wir eine kleine Ferienlodge an, um meinen 65sten ein bißchen zu feiern. Mit Ständchen von Sabine und Lothar, Geburtstagskuchen aus dem Omnia und natürlich leckerem Fisch am Abend. Überraschung ist dann hier ein zu Fuß durchziehendes Heuschreckenvolk. Am Strand muß man schauen, wo man hintritt. Angeblich ist der Spuk nach wenigen Tagen wieder vorbei.
Den zweiten Abend lassen wir dann wieder mal am Lagerfeuer ausklingen. Zum Schluß gibt’s nochmal eine „Kloster-Rally“ bis nach Haghpat, einer der vielen Anlagen in der Weltkulturerbeliste. Hier gibt’s sogar wieder mal einen schönen, kleinen Campingplatz.
Die nach schweren Unwettern über viele Kilometern völlig zerstörte Bundesstraße zur Grenze haben die Armenier innerhalb weniger Tage wieder soweit hergestellt, dass sie selbst ohne Allrad befahrbar ist! Wir müssen Armenien verlassen, da wir es bei der Einreise versäumt haben, eine längere Aufenthaltsdauer eintragen zu lassen.
Es hätte noch viel mehr zu entdecken gegeben. Landschaft und unberührte Natur sind unglaublich schön.
In Georgien
In Georgien geht’s dann erst einmal Richtung Süd-Osten zu den Schlamm-Vulkanen, direkt an der Grenze zu Azerbaijan. Insbesondere auch zum Übernachten benötigt man eine Erlaubnis von NP-Verwaltung und Grenzschutz. Wir fahren über ganz passable Pisten durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Die aktiven Vulkane sind beeindruckend, allerdings nicht wirklich groß.
In unmittelbarer Nähe gibt es auch einen schönen Übernachtungsplatz, und das Feierabendbier war schon getrunken, als doch noch der Grenzschutz auftaucht. Wir müssen trotz Permit noch circa 20 Kilometer zurück und von der Grenze weg. Wir fahren mit dem Sonnenuntergang an einen See und vertreiben die Mücken mit einem Lagerfeuer.
Weiter geht’s dann in den Vashlovani NP, einem Wüstengebiet im Südosten des Landes. Die Pisten werden immer spannender, und von einem sehr engen Flußbett geht es hinauf zu einem Aussichtspunkt. Steigungen von 25° im Geröll sind zu meistern. Wir erreichen die Ranger-Station direkt am Grenzfluß zu Azerbaijan. Hier gibt es sogar einen wenige Zentimeter großen Punkt mit Telefonnetz!
Nachts setzt heftiger Regen ein, und der Flußpegel steigt deutlich. Wir fahren trotz Warnung der Ranger weiter und müssen dann doch an einer tiefen Schlammpassage aufgeben und umkehren. Aber auch das vormals noch trockene Flußbett des Hinwegs hat Tücken, und das Bergeseil kommt schon zum zweiten Mal zum Einsatz. Die Landschaft bleibt atemberaubend, und wir genießen die Weiterfahrt.
Wir bleiben weiter fernab der Straße und landen mal wieder an einem unglaublichen Übernachtungsplatz. Vorbei an der einen oder anderen Klosteranlage zieht es uns dann zum berüchtigten Abano-Pass, einer engen steilen Schotterpiste hinauf auf über 2800 Meter, dem einzigen Zugang nach Tushetien. Für mich ist das das Highlight der Reise. Wir übernachten auf der Passhöhe beim Café „Above the clouds“.
Tushetien ist bekannt für seine Wehrtürme und ein Paradies für Wanderer. Immer wieder stehen wir in einer Blumenpracht, wie ich sie nur noch aus meiner Kindheit kenne.
Die Versorgungsmöglichkeiten sind jedoch sehr spartanisch, und wir müssen bald wieder umkehren, da Lothar sonst der Diesel ausgeht! Die zweite Überquerung des Passes ist nicht weniger spannend als die erste. Regenfälle verwandeln die Piste stellenweise in einen Bach.
Tiflis und die „Heerstraße“
Wir fahren dann ein paar Tage getrennt, der Bremach soll zum Bremsen-Check nach Tiflis. Wir finden eine top Lkw-Werkstatt, der Hof ist voll mit schweren Fahrzeugen. Man entschuldigt sich, daß wir eine Stunde warten müssen und zahlen dann für Prüfen, Einstellen und Bremsflüssigkeitswechsel circa 30 Euro. Tiflis selbst ist eine tolle Stadt, in der wir drei Tage bleiben.
Über die mittlerweile ausgebaute „Heerstraße“ Richtung Russland machen wir einen Abstecher zur geographischen Grenze zwischen Europa und Asien. Es folgen viele schöne Klöster, die Khrani-Schlucht und der Parvani-See. Hier zieht es uns über einen sanften Pass wieder in die Einsamkeit. Außer Hirten mit ihren Herden trifft man hier nichts. Zum in die Felswand gebauten Vardzia-Kloster findet Lothar eine Abkürzung! Leider bedeuten die letzten 800 Meter Luftlinie auch 500 Höhenmeter Schotterpiste abwärts.
Wir besuchen nicht nur Burgen und Klöster, sondern auch die eine oder andere heiße Quelle! Am Zekari Pass übernachten wir mal wieder über den Wolken mitten in einer Pferde-Herde.
Bevor es nach Svanetien geht, ist in der Stadt Kutaisi dann mal Waschen, Duschen, Einkaufen und Bummeln angesagt. Svanetien ist ein ebenfalls sehr bekanntes Wandergebiet mit Ushguli als Weltkulturerbe. Leider ist Straße dorthin zumindest aus einer Richtung fast fertig, d.h. hier ist man nicht mehr allein! Wir nähern uns über gute Pisten von der anderen Seite.
Von Ushguli aus machen wir eine kleine Wanderung an eine Gletscherzunge, ziehen dann aber weiter Richtung Batumi.
In Batumi stehen wir direkt hinter der Strandpromenade unterhalb von Riesenrad und weiteren Sehenswürdigkeiten.
Batumi ist eine bunte Stadt mit Kirchen, Synagogen, Moscheen und auch Freizeitparks. Empfehlenswert.
Die Heimreise beginnt an der türkischen Schwarzmeerküste, Sabine und Lothar wollen gemütlich über Griechenland zurück, Andrea und ich eher zügig über Bulgarien und Rumänien.
Wir hatten eine schöne gemeinsame Zeit und haben auch einige Abenteuer gemeistert!
