sahara-1979-weiss-sieglinde-gummi-und-bereifung-zeitungsbericht

Okt 5, 2018 | Nordafrika

Auf AVON Reifen durch die Sahara nach Kamerun. Aus der Fachzeitschrift „Gummi und Bereifung“ von 1979

Ein Reisebericht von Sieglinde Weiss

Jedes Jahr im Herbst spüren wir, mein Mann und ich, die große Unruhe, und das „Reisefieber“ meldet sich an. Auf nach Afrika, auf in die Sahara, heißt dann die Medizin, um diese Art von Krankheit zu kurieren. Seit acht Jahren fahren wir nun schon jeden Winter in Richtung Afrika, doch noch nie so gut ausgerüstet wie im letzten Winter.

Avon-Reifen Deutschland machte es möglich! Ein kompletter Satz Reifen mit Schläuchen und ausreichender Ersatz waren die besten Voraussetzungen für unseren Super-VW-Käfer, um die extremste Sahara-Durchquerung, die überhaupt möglich ist, zu bewältigen.

 align=

 align=

Wer je in der Wüste unterwegs war und sich die Karte ansieht, wird wissen, worauf es bei dem Fahrzeug und der Ausrüstung ankommt: Hohe Bodenfreiheit und möglichst wenig Gewicht! Das alles traf auf unseren Wagen, Bj.64, mit speziell eingebauten Achsen des Kübelwagens, Bj.43, zu. Dazu kamen die Avon Radial T 205 VR 15 Reifen, die diesem Auto erst die richtigen „Sohlen“ verpassten.

Gut ausgerüstet ging‘s los

Genua-Tunis mit der Fähre, und dann, nach kurzer Fahrt durch Tunesien und das nördliche Algerien, waren wir wieder am nördlichen Rand der Sahara angelangt. Langsam ging‘s südwärts. In den Oasen kauften wir noch Datteln als süße „Notverpflegung“, beobachteten das geruhsame vom Islam geprägte Leben der Bevölkerung und vergaßen dabei die Hetze und den Stress Europas. Durch das „Grand Erg Oriental“ (Sandwüste) mit seinen großen Dünenhaufen führte uns die geteerte Ölstraße Algeriens noch bis In Amenas. Dahinter in Richtung Djanet beginnt das Abenteuer „Piste“.

 align=

Piste, das heißt „Straße“, die von Planierraupen irgendwann einmal aus dem Gelände frei geschoben wurde, auf der sich durch den Lastwagenverkehr das berüchtigte „Wellblech“ gebildet hat. Die Wellen, die bis zu 20 cm hoch sind und quer zur Fahrbahn verlaufen, bewirkten, dass wir uns abends wie gerädert fühlten. Schnell fahren (über 70 km/h) wäre zwar angenehmer gewesen, doch nach einigen hundert Kilometern hätte sich jedes Fahrzeug unweigerlich in seine Bestandteile aufgelöst. Wir zogen es vor, langsam über die Wellen zu fahren und dabei die Landschaft, Flora und Fauna zu beobachten.

Grandiose Bilder – unvergessliche Eindrücke

Das Tassili-N‘Ajjer-Gebirge, durch das wir auf diesen Pisten fuhren, trennt den nördlichen Teil der Sahara von der grenzenlosen Weite der Ténéré-Wüste im Süden. Der Gebirgsabbruch nach Süden bot ein grandioses Bild. Einzelne dunkle Spitzkegelberge hoben sich vom hellen Gelb des Erg d‘Admer ab. Später lagen links der Piste bizarr geformte Felsen. Es waren die von Erosion noch nicht zerstörten Schlotfüllungen ehemaliger Vulkane, die dieser Landschaft dieses zauberhafte Gepräge geben. Hier begann für uns die eigentliche Sahara. Sand, Dünen und dazwischen phantastische Felsformationen. Unter Felsvorsprüngen fanden wir immer wieder herrliche Felsmalereien, die von Steinzeitkünstlern angebracht wurden und in eindringlicher Weise die Lebensart der prähistorischen Bewohner darstellen.

 align=

Topfit muss alles sein!

Nächster und letzter Ort vor der Ténéré-Wüste war Djanet, eine malerische, in einem engen Tal gelegene Palmenoase, gleichzeitig Grenzstation und letzte Versorgungsmöglichkeit. Unser Vehikel wurde mit 260 Liter Benzin, 70 Liter Wasser und ausreichend Lebensmitteln beladen und wog nun 1,5 Tonnen! Die Zollformalitäten waren bald erledigt, unsere Reisegefährten (noch vier andere Fahrzeuge) waren auch eingetroffen, denn von hier aus fuhren wir nicht mehr allein. Dazu ist die Ténéré zu gefährlich. Ein Sandsturm oder eine Autopanne kann das Ende für Fahrzeug und Besatzung bedeuten. Alles muss topfit sein, denn alles kommt auf die Belastbarkeit der Wagen wie der Besatzung an.

Gut ausgerüstet starteten wir von Djanet, erreichten den Mont Tiska, bestiegen diesen letzten markanten Berg und sahen vor uns die endlose Weite der Tenèrè-Wüste liegen. Sie war vor ca. 3000-5000 Jahren noch besiedelt. Nomadisierende Viehzüchter, Ackerbauern und Jäger lebten dort, und heute noch geben steinzeitliche Funde wie Pfeilspitzen, Speerspitzen, Steinbeile, Mahlsteine usw. Aufschluss über die damalige Lebensweise.

 align=

Bezaubernde Landschaften

Wir legten den Kompasskurs zum Adrar Bous fest und starten in die Weite hinaus. Auf fast völlig ebener Sand- und Kiesfläche fuhren wir dahin. Der Horizont schien endlos zu sein. Keine Anhaltspunkte, absolutes Nichts. In der Mittagshitze gaukelte uns eine Fata Morgana herrliche Parklandschaften vor, und nachts strahlte uns ein herrlich klarer Sternenhimmel. Wir schliefen im Freien und hatten das Sternengefunkel greifbar über uns. Dazu die fast unheimlich zu nennende Stille. Es war, als wäre man allein auf der Welt. Eines Tages sahen wir das kleine Bergmassiv des Adrar Bous vor uns auftauchen, das dem Air-Gebirge vorgelagert ist. Dort beginnen die ersten Dünen, die sich bis zum Rand des Gebirges hinziehen und die bis zu 300 m hoch werden. Eine phantastische Landschaft. Große, eng beieinanderliegende Dünenhaufen in herrlichen Farbtönen, dazwischen schmale, mit einzelnen Dornakazien und Gras bewachsene Täler. Sandlawinen auf den Dünen bewirken, dass diese zu singen beginnen, ein eigenartiger auf- und abschwellender Summton schwingt dann durch die Luft, es ist faszinierend.

 align=

Abenteuer, Abenteuer…..

Wir blieben einige Tage, fuhren dann nach Iferouane, dem nördlichsten Ort im Niger, erledigten die Einreiseformalitäten, besuchten alte Freunde des Tuareg-Stammes und wurden natürlich zum unvermeidlichen Tee eingeladen. Eine Zeremonie, die sich über Stunden hinzieht. Dabei wird gefragt nach Woher und Wohin und erzählt, teils in ihrer schönen, klangvollen Sprache, dem Tamaschek, teils in Französisch. Wir brachten Geschenke mit, Zucker, Tee und Zündhölzer, und auch die dringende Bitte nach „Amagal“ gegen Schmerzen, Augenentzündungen und Verletzungen wurde erfüllt. Tanemert, tanemert (Danke) klingt uns noch lange nach. Auf kleiner Piste ging es durchs schöne Air-Gebirge. Immer wieder trafen wir Tuareg-Nomaden, kauften Ziegenkäse, Milch und Eier, mal auch ein Hühnchen oder eine junge Ziege, die abends am Lagerfeuer gebraten wurden. Es war ein abenteuerliches, freies Leben. Wir zogen langsam durch das Land und erreichten wieder den Rand des Gebirges und suchten uns durch vorgelagerte Dünen eine Passage hinaus in die Ebene der Tenéré. Wir ließen die Berge hinter uns. Es hieß aufpassen. Das Gelände wurde welliger, der Sand weicher. Auf sanften Dünenkämmen ging es dahin. Plötzlich begegneten wir einer langgezogenen Kette von Kamelen, eine Salzkarawane, die auf dem Weg von den Salinen von Bilma nach Agadez war. Ein herrliches Schauspiel!

 align=

Avon-Reifen bewährten sich!

Noch mussten wir ca. 1000 km überwinden, um an den Südrand der Sahara zu gelangen. Dazwischen lag nur die kleine Oase Fachi mit ihren Salinen. Dort füllten wir noch einmal unser Wasser auf, denn ab hier wollten wir in den noch kaum bereisten großen Erg du Ténéré, das große Dünenmeer der südlichen Sahara. Niemand konnte uns vorher genaue Informationen über dieses Gebiet geben, selbst Tuareg meiden diese Gegend, da die Dünen für die Kamele zu steil sind. Wir wollten es dennoch versuchen und hatten uns alle auf diese Strecke gründlich vorbereitet. Hier in dem weichen Sand kam es vor allen Dingen auf gute Bereifung an. Wir entschlossen uns, auf dieser Strecke mit dem Luftdruck radikal herunterzugehen. Mit vorn 0,4 atü und hinten 0,8 atü Druck in den Reifen starteten wir mit viel Optimismus hinein in die grandiose Dünenwelt. Erst waren sie noch weit auseinandergezogen, und das Fahren mit den jetzt sehr flach aufliegenden Avon-Reifen war mehr ein schweben auf dem Sand. Der dreifachen Seitenlage des Reifens macht das nicht das geringste aus. Schon nach 10 km wurde uns allen plötzlich klar – ein Zurück gab es nicht mehr. Die windabgewandte Seite der Dünen ist sehr steil und wird nach jedem Dünenzug höher, wir mussten herunterrutschen. Es gab also nur ein Vorwärts. Nach Kompass zu fahren wurde schwieriger, ständig mussten wir ausweichen, andere Passagen über die bis zu 100 m hohen Dünenzüge suchen, ständig die Kursabweichungen und gefahrenen Kilometer notieren. Bloß kein Sandsturm in den nächsten Tagen, war unser größter Wunsch, das Wasser wurde deshalb in weiser Voraussicht sparsam verwendet.

 align=

Nichts geht über den Käfer!

Unser Käfer nahm alle Steigungen mühelos, trotz seiner nur 34 PS und den 1,5 Tonnen Gewicht. Die voll mit Benzin beladenen anderen Fahrzeuge kamen kaum mit und hatten ständig Probleme mit dem weichen Sand, blieben stecken, mussten schaufeln. Auch uns blühte es einige Male, weil wir als schnellstes und leichtestes Fahrzeug die Vorhut bildeten. Ohne es direkt zu wollen, waren wir unversehens in ein riskantes Abenteuer geraten; wir mussten durch nach Süden. Trotzdem machte es uns allen großen Spaß. Nach kurzer Zeit waren wir ausgesprochene Dünenexperten, erkannten von weitem die leichtesten Übergänge und unterschieden weichen von festem Sand. Fast bedauerten wir, als eines Abends die Ausläufer des Termit-Gebirges im Süden zu sehen waren. Anderntags erreichten wir die ersten Brunnen. Der extremste Teil der Reise lag nun hinter uns. Die Reisegefährten trennten sich von uns.

 align=

Hochachtung den Reifen!

Wir blieben noch am Termit-Gebirge und beobachteten die hier im beginnenden Sahel-Gebiet reichlich vorkommenden Tiere, trafen beim langsamen Südwärtsfahren (immer noch nach Kompass) auf die ersten Nomaden vom Stamme der Peulh, hochgewachsene, sehr schöne Menschen, und kamen so nach Nguigmi am Tschadsee. Von hier reisten wir nach Nigeria und weiter nach Nordkamerun. Unser Ziel waren die noch sehr unzugänglichen Mandaraberge und der Stamm der dort lebenden Kirdi. Die Straßen, durch die Fluten der Regenzeit tief ausgewaschen, waren sehr schlecht. Spitze Steine und tiefe Löcher machten das Reisen beschwerlich. Eine unbeschreiblich schöne Landschaft, freundliche, natürliche Menschen mit altem Brauchtum und geheimnisvollen Riten faszinierten uns dermaßen, dass vier Wochen hier wie im Fluge vergingen.

 align=

Dann fuhren wir wieder nach Nigeria, das Yankari Game Reserve war unser nächstes Ziel. Viele verschiedene Tierarten bietet dieser Nationalpark zu sehen. Daneben noch zum Ausspannen die herrlichen „Wikki warm springs“, die zu stundenlangem Baden verleiten. Über Jos und Kano, dichtbevölkerte, mit allem Zivilisationsplunder überladene Riesenstädte Nigerias, gelangten wir wieder nach Niger, fuhren über Zinder nach Agadez und trafen dazwischen wieder viele der interessante Peulh-Nomaden. Ab Agadez benutzten wir die Hoggarpiste, die meistbefahrene und problemloseste Strecke durch die Sahara, um wieder nach Hause zu kommen.

Eine abenteuerliche und erlebnisreiche Reise geht ihrem Ende entgegen. Unsere Avon-Sohlen und das Fahrzeug haben kaum darunter gelitten. Sie kennen inzwischen auch das Reisefieber und warten darauf, im nächsten Winter mit uns wieder nach Afrika zu fahren.