Zur Blüte ins Namaqualand
Susanne und Walter Zielonkowsky
An der Grenze von Südafrika und Namibia liegt das Namaqualand, ein trockener Landstrich, der sich im Frühling jedoch in einen endlosen Blumenteppich verwandelt. Die größte Vielfalt an Wüstenblumen findet man im Westen Südafrikas, zwischen Clanwilliam und Springbok. Die Hauptblüte ist in den Monaten August und September. Voraussetzung ist nach der langen Trockenheit eine ergiebige Regenzeit sowie kein Kälteeinbruch, der der Blütenpracht ein vorzeitiges Ende bereiten würde.
Nun zu unserer Reise. Irgendwie haben wir Europäer immer im Kopf, fahre nach Süden – da ist es warm. Stimmt nicht immer.
Unsere erste Nacht in Südafrika verbringen wir auf der Dattelplantage Klein Pella. Am nächsten Morgen führt uns der Weg durch die Farm runter an den Oranje. Hier wachsen Unmengen an Palmen, und auch Neuanpflanzungen gibt es. An einer Pumpstation sehen wir dann den Fluss. Es schaut aus, als ob er durch ein Gebirge verläuft, dabei ist es sein gegrabenes Flussbett.
Zurück auf der Hauptstraße rollen wir zügig Richtung Springbok. 20 Kilometer vorher entdecken wir die ersten Blüten am Straßenrand, dann ganze Wiesen, zart in Lila. Immer mehr Farben kommen dazu. Gelb in verschiedenen Nuancen, dann auch Orange und Blau. Unheimlich viele verschiedene Sorten.
In Springbok versorgen wir uns und fahren einige Kilometer nach Westen zur Campsite Modderfontein, sie hat nur zur Blütesaison geöffnet. Recht einfach, aber super sauber. Nachmittags noch etwas Sonne tanken, bevor es wieder kühl wird. Die Nacht ist dann nicht ganz so kalt wie die von gestern, und morgens begrüßt uns die wärmende Sonne.
Auf der N7, die nach Kapstadt führt, biegen wir nach wenigen Kilometern rechts Richtung Hondeklipbay ab. Es liegen der Wildeperdehoekspass und der Messeklippass vor uns. Je näher wir dem Nationalpark kommen, desto größer wird die Blütenpracht. Sagenhaft, was die Natur hervorbringt, Blüten in Gelb, Orange, Lila, Blau, Weiß und dann noch in unterschiedlichen Ausführungen.
Die Blumen ziehen sich die Hänge hoch oder bilden große bunte Wiesen. Da hat sich das Frieren gelohnt. Doch es kommt noch besser, als wir den Pass hinabfahren. Wir blicken von oben auf riesige orangene und gelbe Blütenteppiche, es scheint, als ob man Farbeimer ausgeleertwurde. Ein aromatisch würziger Duft liegt in der Luft. Wir sind einfach nur begeistert.
Auf der Campsite am Strand in Hondeklipbay stehen wir auf Muschelschalen. Strom, Wasser, kein WiFi. Heiße Duschen gibt’s erst ab 18 Uhr. Die Stromabschaltung des Landes macht sich bemerkbar. Ein kräftiger Wind bläst, und am Meer knallen riesige Wellen auf die Felsen. So gönnen wir uns ein Fischessen. Zu Fuß gehen wir zum Restaurant am Hafen, zurück gibt’s zur Verdauung noch einen Spaziergang zum Leuchtturm, auch hier bläst ein kräftiger Wind. Bunte Blumen biegen sich zwischen den Dünen. Wieder am Auto spannen wir eine Plane als Windschutz und machen uns einen heißen Tee, den Rum haben wir leider vergessen.
Nach Garies auf der N7 ist es nicht weit. Diese Nord-Süd-Verbindung ist ebenso mit Blumen gesäumt. Lilafarbene leuchten von weitem heraus. In Vanrhynsdorp biegen wir links ab. Die Blütenpracht versteht sich auf der weiteren Strecke von selbst. An der Plateaukante dann 500 Meter hinauf nach Nieuwoudtville, im Ort liegt die Campsite – Die Blou Huis – mit Restaurant und perfektem WLAN. Auf Empfehlung vom Betreiber fahren wir noch ein Stück nach Norden, hier gibt es wieder andere Blüten. Die Vielfalt der Natur ist einfach faszinierend!
Manche Hänge schauen von weitem aus wie unsere Rapsfelder. Zurück auf den vollen Platz und Abendessen kochen. Kaum zu glauben, aber wir sitzen trotz der niedrigen Temperatur selbst im Dunklen noch draußen.
Wie befürchtet war die Nacht etwas laut. Die Lkws hört man von der Nationalstraße, der Gockel kräht gefühlt neben dem Auto, und die Motorradfahrer brechen in aller Herrgottsfrüh schon auf. Wir lassen uns Zeit, bis die Sonne richtig scheint, und entscheiden uns, weiterzufahren über eine Nebenstraße Richtung Clanwillan. Wen wundert’s, auch hier ist alles übersät mit farbenprächtigen Blumen. Heute wird es trotz der Sonne nicht richtig warm. Als wir dann den Botterkloof Pass hinunterfahren, wird es richtig kalt und windig, sogar die Fenster haben wir geschlossen.
Am Mertonhof, einer Farm mit alten Gebäuden in kappholländischem Stil aus dem 18 Jhd., kommen wir unter. An einem Nebengebäude mit Gästezimmern finden wir einen sonnigen Stellplatz. Es kommen noch 4 Autos mit Südafrikanern, schnell haben sie ein Feuer fürs Abendessen entfacht. Als es zum Grillen bereit ist, kommt plötzlich ein kalter heftiger Wind auf. Schnell ist die Glut in eine Grillschale geschaufelt, und sie verschwinden damit in den Windschatten der Sanitärblocks.
Wir richten den Wagen noch nach dem Wind aus und verschwinden im Bett. In der Nacht regnet es, nicht fest, aber dauerhaft. Auch der Wind hört nicht auf. Zum Frühstück verziehen wir uns in einen überdachten Freisitz, nur hier ist es einigermaßen auszuhalten. Wir schauen ins Internet, wie das Wetter so werden wird. Wie sich herausstellt, soll es morgen von der Kapregion hoch bis Springbok vereinzelt 6 – 11 Zentimeter Schnee geben. Da wird sogar der Susi kalt, und das will etwas heißen. So verbringen wir den restlichen Tag am Lagerfeuer im Windschutz unter dem Dach.
Nachmittags kommt doch ein wenig die Sonne heraus, bevor es am Spätnachmittag wieder dunkel zuschlägt. Morgen werden wir erstmal Richtung Calvina fahren, dann sehen wir weiter. Wir fragen den Farmer, ob wir den geplanten Weg nach De Bos fahren könnten. Der rät uns ab, wir kämen nicht über die Flüsse, außerdem hätte es in den Bergen geschneit. Den Botterkloof Pass empfiehlt er auch nicht, da er schmal, steil und rutschig ist. „Nehmt lieber die Teerstraße nach Clanwilliam“.
Die Straße führt uns durch eine tolle Felslandschaft, die Bäche führen alle Wasser, sogar einen Wasserfall sehen wir. Als es runter nach Clanwilliam geht, sehen wir im Süden die schneebedeckten Cederberg Mountains. So machen wir Kilometer, außerdem regnet’s schon wieder.
Wir entscheiden uns, nochmal im Blou Huis abzusteigen, es liegt ja auf unserem Weg nach Osten. Viele Pfützen zeugen vom Regen. Da auch noch ein eisiger Wind bläst, stellen wir nur den Wagen ab und gehen gleich in die Bar. Ein Platz neben dem Ofen und eine Flasche Rotwein sind recht angenehm. Am Abend bestellen wir eine Pizza, und danach geht’s zurück in unseren Wagen. Es soll heute Nacht Minustemperaturen geben, so hole ich unsere dicken Decken aus der Dachkiste. Mit Jogginganzug und der Clubjacke steigen wir ins Bett. Mit einer Decke über dem Kopf schlafen wir ein. Das wird eine lausig kalte Nacht!
Um halb acht morgens ist es gerade mal 1°C. Wir warten unter unseren vielen Stofflagen, bis die Sonne auf’s Zelt scheint. Alles ist gefroren, das Dachzelt von innen und außen, auch auf dem Tisch ist eine Eisschicht, die ich wie eine Scheibe abheben kann. Nach einer heißen Dusche und dick eingepackt frühstücken wir hinter unserer Plane. Das ist wirklich nicht die beste Zeit zum Campen. Später nehmen wir die Straße nach Brandvlei und weiter über Upington nach Botswana. Hier wird es langsam wärmer.
Wir haben das alles nur der Blüten wegen gemacht, die wollten wir unbedingt sehen, haben es nicht bereut und können es nur jedem empfehlen.