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Okt 5, 2021 | Europa

Nordpolen 2021 – Verkanntes Polen

Reisebericht von Susanne und Walter Zielonkowsky

Es gibt dumme Sprüche über reisen nach Polen, aber die stimmen schon lange nicht mehr. In Reise-Zeitschriften und beim ADAC sind überall Reklamen von Polen zu sehen. Das fällt für uns die Entscheidung des Reisezieles.
Es wird nicht unsere letzte Reise nach Polen sein. Es ist ein hervorragendes Land um auf den Start zu einer Fernreise zu warten.
Wir haben uns den Norden, von West bis Ost oberhalb von Warschau entschieden und waren überrascht. Freundliche, nette Leute, traumhafte Übernachtungsplätze in der Natur, sehenswerte Städte und leider auch das Grauen des Weltkrieges machte unsere Reise sehr abwechslungsreich. In jedem Ort gibt es Lebensmittelläden die eine Versorgung unproblematisch machen. Man kann überall einen schönen Übernachtungsplatz finden, es gibt kein Zuschlagen von Autotüren, Geschrei oder laute Musik , jeder respektiert die Privatsphäre seines Nachbarn.

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In Guben fuhren wir über die Grenze nach Polen. Das mit der Nachtplatzsuche sollte sich in den nächsten 5 Wochen zu keinem Problem entwickeln, überall finden wir ruhige Plätze. Über die Oder ging’s mit einer Fähre, Richtung Boryszyn. In der Nähe sehen wir uns die Kriegsanlage des Ostwalls an. Ein riesiger Bau in einer Länge von 10km. Das unterirdische Schienennetz mit den Bahnhöfen soll an die 35km haben. Die Führung durch die kalte Unterwelt dauerte 2.5 Std. Bei uns wäre das so nicht möglich, kein Licht und keine Hinweise auf Notausgänge. Jede Gruppe bekamen eine Taschenlampe um die beklemmende Dunkelheit etwas zu lösen.

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In Skwierzyna/Schwerin kamen wir auf die Landstraße 24 und plötzlich ist die mautpflichtig. Also wenden wir und suchen eine andere Strecke, die entwickelt sich zur Sandstraße. Durch Wälder und Felder schlängelt sich der Weg zu kleinsten Dörfern. Teilweise denkt man, da geht es nicht mehr weiter. Es gibt manchmal einfach keine brauchbaren Nebenstraßen um die Maut zu umgehen. Wir entscheiden uns, eine Viatoll Mautbox, die ab 3,5to sein muss, zu besorgen. Wenn die Strecken öfters so sind, macht das Sinn, ewig wollen wir dann auch nicht in Polen bleiben. In Posen fahren wir direkt ins Zentrum. Einige 100m zu Fuß und wir stehen am Rynek. Wie auch in Breslau wurde alles schön hergerichtet. Aus der Baureihe fällt nur das Rathaus, es könnte auch in der Toskana stehen. Die Felder nehmen zu, Bauern sind fleißig an ernten. Nebenstraßen mit katzenkopfgroße Steinen gepflasterte oder unendlich geflickten Teer, erlauben oft nur etwa 40 km/h. Im ganzen Land gibt es viele Seen und Flüsse, leider sind die Ufer meist natürlich zugewuchert und man kommt nicht zum Baden.

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In Thorn/Torun fahren wir gleich auf den Campingplatz. Die Innenstadt ist über eine alte Stahlbrücke in wenigen Minuten zu erreichen. Eine wunderschöne Hansestadt, alte gotische Häuser aus Backstein, UNESCO Weltkulturerbe. Das Zentrum bildet wieder der Rynek, wie die Marktplätze hier heißen. In der Mitte das Rathaus. Die Häuser alle renoviert und wunderschön. Die Burg der Kreuzritter, das Geburtshaus von Kopernikus, eine Lebkuchenfabrik stehen auf den Besichtigungsplan.

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Wir wollen jetzt den einzigen Urwald Europas sehen, er ist an der Grenze zu Weißrussland. Die Landschaften sehen wie riesige Parkanlagen aus. Alles etwas weitläufiger wie in Frankreich. Da sieht man erst, was unsere Flurbereinigung zerstört hat. In der Woiwodschaft Podlaskie ist dann der Białowieża-Nationalpark wie der Urwald heißt. Wir stehen auf einem kleinen Campingplatz in dem touristische Ort Bialowiez und lassen den Tag gut sein. Wie ich so im Schatten sitze und dem Mann beim Rasenmähen zusehe fällt mir auf, das viele Polen auf alle Fälle einen Rasenmäher und eine Kettensäge haben. Der Ort ist recht schön für den Tourismus hergerichtet. Es gibt einige Restaurants und eine übersichtliche Menge an Souvenir Läden. Mit den Fahrrädern geht es in das Reservat, die Wisente anzusehen. Der Wald wird der Natur überlassen, bleib man stehen, überfallen einen die Mücken, das ist nicht schön. Das Reservat entpuppt sich als ähnliches Wildgehege, neben üblichen Waldbewohnern wie Wölfe, Luchs, Wildkatze sind auch die Wisente zu sehen. Vielleicht auch ganz gut so, laufen nicht alle Leute kreuz und quer durch den Wald.

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An einem der Stände am Parkplatz kaufen wir leckeren Honig, der hier mit Minze oder anderen Gewürzen verfeinert wird.
Weiter nun nach Norden. Die kleinen Dörfer bestehen überwiegend aus Holzhäusern. Für unser Auge sehr idyllisch. Noch unsere Lebensmittel auffüllen, ein geräucherter Fisch kostet gerade mal 1.50€. In den Wäldern sammeln Leute Blaubeeren. Wir erreichen in Plaska einen Campingplatz, von hier wollen wir in das 25 km entfernte Augustow mit dem Fahrrad.

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Zuerst entlang des Kanals und durch den typischen Kiefernwald. Dann verlassen wir die Route um zur Kirche Studenda zu kommen. Durch typisches Vorstadtgebiet kommen wir ins Zentrum. Alles sehr modern und viele Touristen, überwiegend aus Polen. Im einem der Touristenrestaurant machten wir Mittag. Kartoffelpuffer und Kartoffelwurst. Diese ist ein Kartoffelbrei mit viel Schweinefett und pürierten Innereien der in einen Darm gepresst ist. Heiß gebraten und mit Speck- und Innereienwürfel garniert. Alles sehr fettig und nur mit genügend Wodka zu genießen.

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Wir treffen uns mit Jana und Burkhard, die auf dem Weg nach Finnland sind. Großes Hallo und das übliche, Ankommersekt, Sundowner, Abendessen und Ratschen. Dann folgt jedes Auto seinem eigenen Weg. Über kleine Seitenstraßen fahren wir weiter und kommen durch malerische kleine Dörfer. Hier ist der Fluß Czrana-Hancza, der als Paddelfluß der Geheimtipp sein soll. Über einen Aussichtspunkt am Hancza See führten uns Wald – und Wiesenwege zur alten Eisenbahnbrücke bei Stanczyki. Ein Touristenmagnet, auch an verregneten Tagen. Elk und Gizycko/Lötzen sind touristische Hochburgen mit Segelhafen der großen Masurenseen und allem was sich die Jugend wünscht.

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Die Besichtigung der Wolfsschanze steht an. Auf dem Parkplatz kann man für 70 Zloty (2 Pers und Auto) übernachten. Am 2.5 km langem Rundweg ist alles in 4 Sprachen sehr sachlichen und nicht parteiisch beschrieben. Anfangs waren es noch Holzbaracken der einzelnen Kommandanten und Arbeitsbereiche. Sie wurden ab 1941 mit Stahlbeton verkleidet. Von 2m bis hin zum Hitlerbunker mit bis zu 6m dicken Wänden. Hitlers Versuch diese zu sprengen scheiterte, wirklich zerstört wurden sie nicht. Übernachten tun wir hier nicht, zu beklemmend waren unsere Gefühle.

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Die Swjeta Lipka Bazylika (Wallfahrtskirche zur Heiligen Linde) ist der nächste Stopp. Wir kommen gerade zur Mitagsmesse, so können wir die einzigartige Orgel hören, schöne tolle Kirche. Um die Ecke im Ort Reszel gibt‘s eine Ordensburg und einen erhaltenen Rynek. Wir machen einen kurzen Bummel und belohnen uns mit einer Kugel Eis. Eis gibt’s hier in Polen an allen Ecken, es läuft auch fast jeder damit herum. Wir übernachten wie so oft auf einer Picknick Wiese über einen See. Am Nachmittag kommen noch 3 Autos, eine Familie aus 3 Generationen. Schnell sind 2 Zelte aufgebaut und es wird sich eingerichtet. Während Frauen und Kinder im Wasser verschwinden, gehen 2 Männer mit Kettensäge und Beil in den Wald um Feuerholz zu holen, bei uns undenkbar. In der Nacht ist ein Teil der Familie gefahren, die Autos sind am Morgen anders gestanden. Wir haben nichts mitgekriegt. Keine Seltenheit, man ist rücksichtsvoll. Leise sind auch wir verschwunden.

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Durch‘s Ermland fahren wir auf Straßen, die vermutlich schon Postkutschen nutzten, es kommen Orte wie Seeburg, Guttstadt, Landsberg. Eine Maschinengewehrstellung nähe Mingajny ist für heute der letzte Besichtigungstermin. Es sind Schützengräben einer Frontlinie. Beklemmend, wenn man bedenkt wie viele hier gestorben sind. Die Schrägaufzüge für Schiffe des Oberländer- bzw. Elblag-Kanal sind in der Nähe. Nett wie die Schiffe ohne großes Tamtam auf Loren verladen und 85 Höhenmeter auf 5 Anlagen zurücklegen. An einer Rampe stehen wir den ganzen Nachmittag und beobachten die Schiffe von oben oder unten. Nichts ist abgesperrt, jeder ist für sich selbst verantwortlich.

Kultur lässt sich nicht vermeiden, nächstes Ziel die Marienburg. Auf der anderen Flussseite ein Campingplatz, wie früher das Volk, schlagen wir mit Blick auf die Burg unser Lager auf. Eine riesige, tolle Burg, die vom Deutschorden wussten zu Leben. Da sie nicht verputzt ist, sieht man erst die Unmengen an Ziegeln. Die Innenräume können wir leider nicht besichtigen, das ist Museum und die haben am Montag zu.

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Dann Danzig, eine kurze Fähre über die Weichsel. Durch Industrie und Hafengelände kommen wir nach Stogi auf den Campingplatz. Auf den hervorragenden Radwegen erreichen wir die Innenstadt. Die Besichtigung begann am grünen Tor, entlang der Mottlau, gesäumt von schönen Häusern. Auf der Speicherinsel sind Neubauten aber an den Baustil angepasst. So fahren wir kreuz und quer durch die Altstadt. Als es uns zu kalt wurde, kam ein Kaffee zur rechten Zeit. Danzig war auch zu 99% zerstört worden. Der Kern wurde nach alten Vorlagen sehr getreu wieder hergestellt. Mittags genehmigen wir uns einen Fisch in einem von den vielen Lokalen.

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Durch eine ewige Stadt fahren wir weiter nach Puck/Putzig, am Beginn der Halbinsel Hel. Das lohnt sich, ein kleiner Hafen sowie ein Rynek mit alten Häusern. Das Wetter ist stündlich anders. Wir fahren der Küste folgend am nördlichsten Punkt Polens vorbei. Hier ist alles wie am Mittelmeer, nur mit Kiefern und etwas rustikaler. Hotels, Pensionen, Campingplätze, Eisdielen und Lokale wechseln sich mit Ramschbuden und Rummelplätzen ab. Alles womit man den Leuten das Geld aus den Taschen locken kann. Als die Richtung nach Westen dreht, wird es ruhiger. Wir sehen am Waldrand Wohnmobile, Wohnwägen mit und ohne Vorzelte, PKW’s mit Zelte, da müßte doch was geh‘n. Wir finden auch eine schöne Stelle und bleiben nach gut 40 km auch gleich. Für Morgen verspricht der Wetterbericht Sonne. Wieder eine beeindruckende Ruhe, trotz der relativ vielen Leute. Es wundert uns immer wieder, wie das Wildcampen hier geduldet wird. Aber was auffällt, es liegt keinerlei Müll herum.

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Wir laufen am Strand einfach mal nach Westen dem Wind entgegen. Als wir gegen Mittag den Bereich des Dorfes Debiki erreichten, ist der Strand voll. Jeder hat einen Windschutz in Form eines Stoffzaun’s aufgebaut. Es sind auch Leute im Wasser, was für mich jetzt aber als tollkühn gilt. Der Ort ist auch auf die Touristen ausgelegt. Von der Größe her könnte er auch auf den Seychellen sein. Die Wohnhäuser und Gärten wurden zweckentfremdet. Im Wenta Cukiernia Lody ( da müßt ihr hin) genossen wir hervorragenden Fisch. So gestärkt schlendern wir durch die Verkaufsgasse Richtung Auto. Wir erstehen noch 300g geräucherten Heilbutt für 4.50€.

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Mit Erschrecken stellen wir fest, das wir nächste Woche Nähe Münster sein müssen. Es geht durch die kasubische Schweiz. Kleine bewaldete Hügel mit Seen dazwischen. So fahren wir nun von Picknickplatz zu Picknickplatz heimwärts. Toll wie die Plätze gepflegt sind. Es gibt fast immer eine Mülltonne, oft saubere ToiToi Toiletten, Bänke mit Tischen und mindestens ein Dach.

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In der Nacht hat’s geregnet. Als wir dann fuhren, machte die nasse Erde uns zu schaffen. Ich bin auf der Spur durch das geerntete Getreidefeld gefahren, wie beim Herfahren. In einer leichten Kurve rutschte der Wagen einfach geradeaus weiter. So stand ich mit den hinteren Rädern auf dem Weg und vorne im Feld. Susi mußte die Räder sperren damit der Allrad greift. Wir rutschten weiter in den Graben. Mit Schräglage dann langsam vorwärts. So gruben wir uns langsam weiter und hofften, nicht ganz stecken zu bleiben. Gut, das wir doch einen Allrad haben, mit normalen Antrieb wäre das eine Tagesaktion geworden. An einer Waschstation haben wir die Erdklumpen entfernt und mit sauberen Wagen kamen wir nach Deutschland.

Susanne und Walter Zielonkowsky