Auf in den Kaukasus, Teil 1: Anreise
Von Dirk Pierson
Eine Reise von Andrea, Sabine, Lothar und Dirk (25.3. – 7.8.2024)
Eigentlich wollten wir (mit 2 Monaten unbezahltem Urlaub seitens Andrea) zum Auslandstreffen und dann easy going durch Spanien und Portugal. Eigentlich … Dann erwähnt Lothar, dass er über den Kaukasus nachdenkt, und Andrea bekommt keinen Urlaub. Eine Entscheidung ist dann ganz schnell getroffen: Andrea kündigt, und wir fahren mit Sabine und Lothar Richtung Kaukasus.

Vor der Abreise wird es dann nochmal hektisch: Neue Reifen, Service für die Autos, Karten, Reiseführer … und auch der Start beginnt holprig. Zuerst erwischt uns in Bayern und Österreich nochmal eine Kaltfront mit Schnee und Hagel, und in Österreich in der Werkstatt haben die neuen Bremssättel für den Iveco über eine Woche Lieferzeit.
In Kroatien endlich zusammen, schlängeln wir uns dann die Küstenstraße entlang gen Süden. Unterwegs finden wir immer wieder schöne Plätze zum freien Campen. Wir wandern fast allein im Paklenica Nationalpark, treffen aber immerhin eine kleine Hornviper. Wie giftig die ist, haben wir erst später realisiert. Die Krka-Wasserfälle und die Stadt Dubrovnik sind Pflichtprogramm.


Im Durmitor NP
Erstes Abenteuer ist dann der Durmitor Nationalpark in Montenegro. Dieser ist aufgrund von Schnee eigentlich erst ab Mai befahrbar/empfohlen. Wir schlängeln uns trotzdem auf traumhaft schönen, einsamen Pisten zum Sedlo-Paß hinauf. 300 Meter vor Erreichen der schmalen, geteerten Passstraße verlässt uns das Glück: ein letztes circa 100 Meter langes Schneefeld an steiler Stelle! Keine Wendemöglichkeit. Nach den ersten zwei Stunden haben wir zwei Fahrzeuglängen nach oben geschafft. Dann bekommen wir Hilfe von einem einsamen, aber tatkräftigen Live-Youtuber. Mit Sandschaufeln, Sandblechen, niedrigem Luftdruck und Bergeseilen sind wir nach sechs Stunden und mit dem Sonnenuntergang oben auf einem Sattel vor dem eigentlichen Pass (Schnitt 0,05 km/h). Das kleine Fahrzeug des Youtubers war dann schnell hoch geschleppt.



Am nächsten morgen belohnt uns ein gigantischer Ausblick auf die Passhöhe. Wir fahren weiter durch die Berge und suchen einsame Plätze zum Übernachten. Über Kotor geht es weiter nach Albanien.
Ziel der Reise ist es, einen ausgewogenen Mix aus Pisten, Kultur und Faulenzen hinzubekommen. Nach der permanenten Kraxelei durch die Berge Montenegros erholen wir uns am Skodra-See ein paar Tage auf dem vielleicht schönsten Campingplatz unserer Reise. Am Koman-Stausee entscheiden wir uns für eine Bootstour, da die Fähren wegen Niedrigwasser nur eingeschränkt fahren.
Immer wieder machen wir Besichtigungsstopps an Moscheen, Klöstern und alten römischen oder griechischen Bauwerken.
Eine angenehme Überraschung war die Besichtigung von Tirana. Die Stadt hat einiges zu bieten. Tolle Bauwerke, entspannte Atmosphäre, ein unglaubliches Schokoladen-Café … Die Fahrt in der Innenstadt mit unseren 4×4-Vans ist allerdings nicht unbedingt entspanntes Cruisen.
Auf dem Weg nach Gjirokastra kommen wir auf einer guten Piste im wahrsten Sinne durch Pech und Schwefel: In dem Gebirgszug wird seit dem Altertum Pech und Erdöl gewonnen. Der Gestank ist atem(be)raubend und die Bohrtürme/Behälter abenteuerlich.
Die berühmte Karstquelle „Blue eye“ lassen wir natürlich auch nicht aus, und mit Badestopps an der albanischen Riviera erreichen wir die kleine Seilfähre bei Butrint nicht weit vor der griechischen Grenze. Der erfahrene Fährmann nimmt tatsächlich unsere beiden Gefährte auf einmal auf sein kleines Boot.



In Griechenland
In Igoumenitsa gibt’s den ersten griechischen Kaffee, gefolgt von Badebuchten auf der Halbinsel Lefkada. Dann fahren wir auf Pisten ins Pindos-Gebirge. Die Tracks sind gut bis steinig, oft in engen Serpentinen hoch und runter. Die Landschaft ist abwechslungsreich mit schönen Wäldern und großen Ausblicken. Nach der Vikos-Schlucht geht es weiter auf einer gut gepflegten Piste in den Nationalpark.
Am späten Nachmittag kommt wieder mal eine nette Überraschung: eine Brücke ist vom Gebirgsbach völlig freigespült und unbefahrbar. Der Weg bis hier war steinig und mühsam, eine Umkehr ist nicht verlockend. Wir beginnen, auch mit Hilfe von Brecheisen, große Steine aus der Böschung zu brechen und in das Bachbett zu tragen bzw. zu wälzen. Nach einer Stunde wird es dunkel, und wir brechen ab. Am nächsten Morgen wird nochmal beratschlagt: Durchquerung oder Umkehr?!
Mit nicht unbedenklicher Schräglage schafft es der Bremach durch die Furt und mit weiteren Verbesserungen an der Piste auch der Iveco. Bei unseren manchmal anstrengenden Pistentouren werden wir aber auch immer wieder von schöner Fauna und Flora überrascht.
Als Service-Stop gönnen wir uns als nächstes einen schönen Campingplatz direkt unterhalb der Meteora-Klöster. Im Vergleich zu früheren Reisen hat natürlich auch hier der Tourismus massiv zugenommen. Wir machen eine größere Wanderung, verzichten aber auf die ausführliche Besichtigung der Kloster-Highlights.
Dann geht’s zum Berg der Götter! Eine Piste bringt uns an einen Traumplatz kurz vor der Grenze zum Nationalpark, ein Befahren ist leider nicht erlaubt. Wir genießen die oft wolkenfreie Aussicht auf mehrere der Gipfel und bleiben zwei Nächte hier stehen, nur besucht von Kühen und deren Hirtenhunden. Bei der Weiterfahrt machen wir immer wieder Pausen-Stopps an Ausgrabungsstätten und Bauwerken dieser großen Kultur-Nation. Absolutes Highlight und jeden Euro wert ist das Hügel-Grab Philips II (Vater von Alexander dem Großen)! In unmittelbarer Nähe finden wir dann auch einen super Übernachtungsplatz direkt unter einem Regenbogen.
Hinter Thessaloniki folgen wir entspannt den Stränden Nord-Griechenlands, machen eine Wanderung und eine Kanutour am Nestos-River. Schließlich landen wir „unter Geiern“ im Dadia-Lefkimi-Soufli Nationalpark, der 2023 massiv unter Waldbränden gelitten hatte.
Richtung Istanbul folgen wir breiten, gut ausgebauten Autobahnen, nicht wirklich ein Vergnügen. Der angepeilte Campingplatz ist mittlerweile zu 90% mit Ferien-Wohnblocks überbaut, als einzige Gäste landen wir in einer kleinen Familienfeier. Mein Gesichtsausdruck nach einem angebotenen lokalen Spezialtrunk zaubert meinen Mitreisenden ein Lachen ins Gesicht?!
Am nächsten Tag starten wir ins Gewühl von Istanbul und genießen fast eine Woche die trotz Touristen-Massen großartige Atmosphäre in dieser Stadt.



Nach Asien
Beeindruckt hat uns die Stimmung im Restaurant „1924 Istanbul“, in welchem Ata Türks Stammtisch nach wie vor reserviert bleibt. Mit der Fähre geht’s über den Bosporus, dann auf der asiatische Seite weiter Richtung Ägäis. Wir stoppen in Pergamon/Ephesus und Pamukkale, kein Vergleich zu früher, leider. Immerhin hat unser Campingplatz einen Pool, und direkt dahinter starten die Heißluftballons.
Das türkische Inland gefällt uns besser. Auf den langen Strecken der Weiterfahrt bieten Karawansereien Gelegenheiten für eine Pause.
Einen schönen Platz an einem Kratersee verlassen wir wieder, da beginnender Regen die Ausfahrt gefährdet hätte. Es schüttet dann auch wirklich sehr kräftig, und wir steigen hinab ins Trockene der unterirdischen Stadt Derinkuyu. Ziemlich eng da unten!
Nächster Stopp ist dann Kappadokien mit vielen schönen Übernachtungsplätzen für Overlander. Wir stehen direkt an einer Abbruchkante mit toller Aussicht und, wie sich am nächsten Morgen um vier Uhr herausstellt, mitten im Startgelände der Heißluft-Ballons.
Am Salzsee Tuz Gölu haben wir etwas Pech mit dem Wetter und der gewählten Route. Wir finden die Piste durch das Salz nicht und werden an einem Salz-Tagebergbau zurückgewiesen.
Auf dem Weg weiter gen Osten vibriert sich beim Bremach ein Auspuffrohr durch. Genau in den 30 Minuten, die ich für die provisorische Reparatur mit Dosenblech brauche, gießt es aus Kübeln. Das Wasser läuft fünf Zentimeter hoch unter dem Fahrzeug durch!
Bis ich fertig bin, ist auch das Gewitter durch. Die Werkstatt-Reparatur ein paar Tage später dauert dann auch nur 30 Minuten und kostet 15 €.
Als nächstes folgt nochmal ein touristisches Highlight, der Nemrut Dagi. Am kleinen Hotel unterhalb des Gipfels gibt es einen kostenlosen Stellplatz mit herrlicher Aussicht und am nächsten Morgen kurdisches Menemem (würziges Gemüseomelette) als Frühstück. Beim obligatorischen Aufstieg zum Sonnenaufgang ist man natürlich auch hier nicht mehr allein! Ein schönes Schauspiel bleibt es trotzdem.
Dafür sind wir dann am Kratersee des Nemrut Dagi bei Tatvan endlich wieder allein. Die Pisten an das Seeufer sind ohne Allrad teilweise schon eher gewagt. Wir genießen die klare Nacht am Lagerfeuer direkt am Seeufer. Besuch durch Bären haben wir (leider?) nicht.
Am Van-See entlang geht es zügig auf den Ararat zu. Wir sind auf der Zielgeraden.
Letzter Übernachtungsstopp ist Ishak Paşa Sarayi. Die Overlander-Übernachtungsplätze von früher kann man leider nicht mehr empfehlen. Am 5. Juni erreichen wir nach elf Wochen und 9000 Kilometern die georgische Grenze.
Fortsetzung folgt.





